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Rede zum Haushalt des Regionalverbandes 2017

des Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trenz in der Regionalversammlung am 15.12.2016


- Es gilt das gesprochene Wort -


Sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen,

wie in jedem Jahr, ist uns auch für 2017 ein mehr als daumendickes Zahlenwerk vorgelegt worden und wie jedes Jahr stellt sich die Frage, was und wie viel entscheiden wir hier überhaupt? Auch in diesem Jahr sind ca. 95 % aller Ausgaben unverrückbar und stehen fest wie Granit. Ein einziges DIN 4 Blatt beschäftigt sich mit den sogenannten abweisbaren Aufgaben, also Ausgaben zu denen wir theoretisch nicht verpflichtet sind. Aber wer will oder wollte schon ernsthaft an den Ausgaben zweifeln für Kultur, das Schullandheim in Oberthal oder die Ausgaben für das historische Museum – wohl niemand – wir als LINKE schon gar nicht.

Genau mit diesen Worten hatte ich für DIE LINKE meine Haushaltsrede im letzten und vorletzten Jahr begonnen und auch in diesem Jahr sieht die Wahrheit nicht anders aus. Sind wir ein vom Volk gewähltes Kommunalparlament, das Entscheidungen, hier Finanzentscheidungen, im Interesse der Menschen im Regionalverband trifft oder – und die Frage stellt sich immer wieder – vollziehen wir nur noch von außen aufgezwungene Vorgaben?

Die steigende Regionalverbandsumlage ist für die regionalverbandsangehörigen Kommunen eine schwere Last, die alle an den Rand der Zahlungsunfähigkeit und den Regionalverband immer wieder in die Kritik bringt. Und wir wissen auch, dass wir zu Anfang der Beratungen sogar von noch weit höheren Umlagekosten ausgehen mussten. Wir alle wissen aber – und das wissen die Kommunen im Regionalverband auch – es gibt zu den Strukturen und der Finanzierung der Sozial-, Jugend- und Arbeitsmarktpolitik keine ernst zu nehmende Alternative! Die Kosten entstehen aufgrund der teilweise enormen Armut im Regionalverband und einer insgesamt mehr als bedenklichen Entwicklung der sozialen Situation im Saarbrücker Großraum. Keine der Kommunen, insbesondere die kleineren und mittleren, wäre in der Lage die Aufgaben im Sozialbereich auch nur annähernd so effektiv zu leisten, wie der Regionalverband dies kann. Deshalb steht die Fraktion DIE LINKE auch klar zum Regionalverband, seiner Struktur, der Finanzierung und seinen Aufgaben!

Die als Alternative ins Spiel gebrachte Bildung einer Regionalstadt oder Großstadt auf dem Gebiet des Regionalverbandes muss diskutiert werden. Dabei muss aber ganz klar festgehalten werden, das bei einer solchen Lösung die Souveränität, die Planungshoheit und damit die Entscheidung darüber, wie die Gemeinde – der künftige Stadtbezirk – aussieht, komplett verloren geht. Selbst wenn es in Saarbrücken für eine Großstadtlösung eine Mehrheit geben sollte, was noch zu prüfen wäre, welche Gründe sollten die Umlandgemeinden haben, ihre Städte und Gemeinden zu Stadtbezirken ohne Planungskompetenz und mit nur sehr geringer Haushaltskompetenz herabstufen zu lassen? Welche Gründe sollte es dafür geben? – Richtig – Keine!

Eine Großstadt Saarbrücken würde nicht wesentlich weniger Kosten verursachen, da die Pflichtaufgaben auch weiterhin geleistet werden müssen. Der Preis aber wäre die Aufgabe der Selbständigkeit von Gemeinden, die auch räumlich eigene Einheiten bilden, und die vielfach eigene Interessen und Konzepte zur Entwicklung ihrer Gemeinde verfolgen.

Geradezu abschreckend sind die Beispiele, wie die Landeshauptstadt Saarbrücken mit ihren Stadtbezirken und ihren Bezirksräten umgeht. Fast keiner der Haushaltsvorschläge aus den Bezirksräten findet sich im Haushalt wieder und auch der groß angelegte Verkehrsentwicklungsplan enthält nur sehr wenige Vorschläge aus den Bezirksräten.

Es ist daher zu befürchten, dass in einer zukünftigen Großstadt Saarbrücken die finanziellen Mittel im Wesentlichen zur Entwicklung der Innenstadt verwandt werden und die alten und neuen Stadtbezirke im Außenbereich vor allem als Wohngebiete mit Busanschluss ins Zentrum eingestuft werden. Einer solchen Politik erteilt DIE LINKE. Fraktion im Regionalverband Saarbrücken eine klare Absage!

Wie dem auch sei, wenn man, insbesondere auch aus finanziellen Gründen, die Gemeinden im Regionalverband auflösen will, bzw. zur Großstadt Saarbrücken zusammenschließen möchte, dann geht dies in der heutigen Zeit nur und ausschließlich im Wege einer Volksabstimmung. Eine Entscheidung am grünen Tisch, über die Köpfe der Betroffenen hinweg, reicht dazu nicht aus.

Die Akzeptanz des Regionalverbandes hängt ganz entscheidend davon ab, ob er seine Aufgaben im Sozial-, Jugend- und Arbeitsmarktbereich, aber auch z.B. in den Bereichen Tourismus und Schulen entsprechend den objektiven Erfordernissen optimal erledigt. Dies ist leider nicht immer der Fall. Wir hatten im letzten Jahr dem Haushalt zugestimmt, weil die Verwaltung und der zuständige Ausschuss uns glaubhaft versichert hatten, dass die notwendigen finanziellen Mittel in Höhe von 15.000 € für die Wiederaufnahme der Arbeitslosenberatung in Burbach bereitgestellt würden, bzw. zur Verfügung stehen. Wir wissen wie es gekommen ist. Die Mittel wurden für ein anderes, immerhin sinnvolles, Projekt verwendet. Nach dem Konkurs der Gesellschaft für Arbeitslosenberatung und Betreuung Burbach, der gabb, fehlt diese spezielle, ergebnisorientierte Arbeitslosenberatung in Burbach. Die Gemeinwesenarbeit, die ebenfalls Sozialberatung anbietet, ist mit der zusätzlichen Arbeit deutlich überlastet. Die soziale Situation in Burbach hat sich in den letzten Jahren weiter erheblich verschlechtert. Im Jahr 2015 waren 40 % der Bewohnerinnen und Bewohner von Hartz-IV-Leistungen abhängig – 40 % – das muss man sich mal klarmachen und was dies für die Entwicklung eines Stadtteils bedeutet! Bei den Kindern unter 15 Jahren sind sogar 57 % im Hartz-IV-Bezug.

In einem solchen Stadtteil tut qualifizierte Arbeitslosenberatung Not. Sie ist dringend erforderlich, wenn Menschen stabilisiert werden sollen, wenn sie zu Ihrem Recht kommen sollen und zumindest wieder in Beschäftigungsmaßnahmen vermittelt werden sollen. Arbeitslosenberatung ist in einem Stadtteil, in dem mehr als die Hälfte der Menschen von Armut betroffen ist, die Voraussetzung dafür, dass wieder Hoffnung geschöpft werden kann. Arbeitslosigkeit und Armut betreffen in Burbach und anderswo nicht nur die direkt Betroffenen, sondern den gesamten Stadtteil. Arbeitslosigkeit und Armut bedeuten eine deutlich verminderte Kaufkraft, bedeuten Geschäftesterben und eine Verschlechterung der Angebote in dem betroffenen Stadtteil für alle. Der damit verbundene Frust, Wut und Enttäuschung angesichts der Situation führen zu Politikerverdrossenheit einerseits und andererseits zum anwachsen rechtsgerichteter Gruppen und Parteien, wie der AfD. Alle demokratischen Kräfte müssen dies verhindern und so wäre die Förderung der Arbeitslosenberatung in Burbach nicht weniger als die Förderung der Demokratie in einem brutal gebeutelten Stadtteil.

Die Fraktion DIE LINKE hat erklärt, dass Sie dem Haushalt 2017 zustimmen wird, wenn die 15.000 € zur Wiederaufnahme der Arbeitslosenberatung in Burbach beschlossen werden. Bisher gibt es dazu von Seiten der Mehrheitsfraktionen keine Bereitschaft. Dies ist bedauerlich und verantwortungslos!

Aber Sie haben heute noch einmal alle die Gelegenheit unserem Antrag zuzustimmen und die 15.000 € für die Arbeitslosenberatung in Burbach bereitzustellen. Nutzen Sie die Chance, dann können wir dem Haushalt auch zustimmen, ansonsten werden wir ihn ablehnen müssen.

Es gäbe noch viel zu sagen.

So war es für uns unverständlich wieso der Regionalverband und die große Koalition sich nicht für den Bestand des Botanischen Gartens einsetzen wollten, obwohl eine solche Einrichtung aus touristischer Sicht und als Bildungseinrichtung sehr wichtig war. Wir hoffen, dass das Konzept Museenbahn im Regionalverband, das Weltkulturerbe Völklinger Hütte und Erlebnisbergwerk Velsen verbinden soll, umgesetzt werden kann. Es wäre touristisch sinnvoll und gerechtfertigt, wenn der Regionalverband diese von uns Linken unterstützte Initiative auch mit finanziellen Mitteln bedenken würde. Und noch immer gibt es ein millionenschweres Investitionsdefizit bei den weiterführenden Schulen, dass wir weiter abtragen müssen. Die Liste ließe sich weiter fortführen.

Wie immer danken wir auch in diesem Jahr den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Regionalverbandes für ihre fleißige und aufwendige Arbeit bei der Erstellung und Bearbeitung des Haushaltsentwurfs 2017.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Es liegt jetzt an Ihnen! Stimmen Sie für die finanzielle Unterstützung der Arbeitslosenberatung Burbach, dann stimmen wir dem Haushalt zu – ansonsten werden Sie von uns nur ein klares NEIN erwarten können. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, ein gutes neues Jahr und Verantwortungsbewusstsein bei all Ihren Entscheidungen!

Jürgen Trenz, Fraktionsvorsitzender
Fraktion DIE LINKE. im Regionalverband